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Strategie

Arbeit trifft Hobby: Was Unternehmenskommunikation mit „Magic: The Gathering“ zu tun hat

[5 Min Lesezeit] Vor fast 20 Jahren bin ich das erste Mal mit meinen Freunden nach der Schule in den nahegelegenen Spielwarenladen gegangen, um dort vom hart ersparten Taschengeld kleine Packungen („Booster“) des Sammelkartenspiels „Magic: The Gathering“ zu kaufen. Darauf folgten gefühlt endlose Pausen, in denen wir das Spiel nach und nach besser verstanden, Karten getauscht, zusammen (mehr oder weniger gute) Strategien entwickelt und gegeneinander gespielt haben. Als ich meine ersten Karten in den Händen hielt, hätte ich nie gedacht, dass sie mal in irgendeiner Form mit meinem zukünftigen Job zu tun haben würden.

Wir alle haben Interessen und Hobbys, die uns leidenschaftlich begeistern, aber auf den ersten Blick womöglich wenig mit unserem Beruf zu tun haben. Ich glaube jedoch, dass oft genau die Fähigkeiten, die wir durch unsere Hobbys entdecken und weiterentwickeln, unseren beruflichen Werdegang beeinflussen. Denn es ist die Summe der Eigenschaften, die uns definiert: Je nach Situation und Anforderung greifen wir auf bestimmte Fähigkeiten – ob aus Job oder Hobby – zurück, um Herausforderungen bestmöglich zu lösen.

Wenn beispielsweise Schach das analytische Denken, die Lösungsorientierung und genaue Kenntnisse der eigenen Fähigkeiten sowie manchmal auch ein bisschen Glück erfordert – lassen sich diese Kompetenzen dann nicht auf den Beruf übertragen? Und gibt es nicht viele weitere Hobbys, die Fähigkeiten trainieren, die im Job nützlich sind?

Diese Fragen beantworte ich in diesem Beitrag. Da ich jedoch kaum Schach spiele, nutze ich „Magic: The Gathering“ als Beispiel und zeige, was das Sammelkartenspiel mit Unternehmenskommunikation zu tun hat.

Was ist überhaupt „Magic: The Gathering“?

Zum Einstieg für die Nicht-Nerds hier ein Überblick, was „Magic: The Gathering“ ist: Magic (oder auch „MTG“) ist das erste Sammelkartenspiel seiner Art, das seit 1993 stetig wächst und mittlerweile aus über 20.000 unterschiedlichen Karten besteht. Es wird weltweit von über 35 Millionen Menschen gespielt.

Die Grundregeln des Spiels sind verhältnismäßig einfach: Ziel aller Spielvarianten ist es, durch geschickte Kombination der eigenen Karten die Lebenspunkte der Gegner:innen auf „Null“ zu bringen. Die richtigen Strategien hingegen sind sehr herausfordernd, was MTG laut einer internationalen Studie sogar zum komplexesten Kartenspiel der Welt macht: Ambitionierte Spieler:innen „bauen“ deshalb in mühevoller Kleinarbeit sogenannte „Karten-Decks“ und optimieren diese ständig. Die jeweiligen Karteninhalte entstammen einer eigenen „Lore“, der Hintergrundgeschichte des Spiels, die vor allem dem Fantasy-Bereich zugeordnet werden kann.
Deswegen auch der Name „Magic: The Gathering“: Es geht um die Beschwörung von Zaubern, Kreaturen und anderen fabelhaften Dingen. Man kann Magic generell mit zwei oder mehr Personen gegeneinander spielen. Das Sammeln von Karten und das Spielen selbst hängen dabei unweigerlich zusammen.

MOCKUP: Fiktives MTG-Kartenbeispiel in Anlehnung an diesen Beitrag
MOCKUP: Fiktives MTG-Kartenbeispiel in Anlehnung an diesen Beitrag

Magic und der Markt

Um zu verdeutlichen, wie „groß“ Magic inzwischen ist, hier einige Worte zur wohl bekanntesten Karte des Spiels, der „Black Lotus“. Der „Schwarze Lotus“ ist für Magic-Spieler:innen, was die blaue Mauritius für Briefmarkensammler:innen ist. Die Karte ist so selten, dass sie auf seriösen Portalen in perfektem Zustand bei bis zu einer halben Million Euro gehandelt wird. Ja – für eine Pappkarte.

Die Karte ist nicht nur extrem selten, sondern auch enorm mächtig: Ohne Ressourcen zu verbrauchen, generiert sie drei beliebige Ressourcen (sog. „Mana“). Das klingt im ersten Moment unspektakulär, kann aber dazu führen, das Spiel direkt in den ersten Runden zu gewinnen. Aufgrund ihrer Stärke darf die Karte deshalb nicht auf Turnieren und in nur einer Spielvariante genutzt werden („Vintage“). Aber genug des Nerd-Wissens und zurück zur Arbeit.

Strategie, Glück, Kombinatorik – was Magic und Unternehmenskommunikation gemeinsam haben

Um die Brücke von Magic zur Unternehmenskommunikation zu bauen, bietet sich ein simpler Ansatz zur Klassifizierung von Spielen an:

SCHAUBILD 1: MTG und weitere bekannte Spiele spieltheoretisch verortet
SCHAUBILD 1: MTG und weitere bekannte Spiele spieltheoretisch verortet

Das genutzte Schaubild zur Spieleklassifikation zeigt anhand von Beispielen, wie Spiele zwischen den drei Faktoren Glück (Roulette), Kombinatorik (Schach) und Strategie (Papier-Stein-Schere) eingeordnet werden können.

Ich habe Magic an einer bestimmten Position im Spannungsfeld zwischen Kombinatorik, Strategie und Glück verortet. Warum genau dort?

Weil der oft spielentscheidende „Deckbau“ große strategische Fertigkeiten erfordert: Hierbei müssen u. a. der Aufbau des Decks, die passende Kombination der Kartenarten, Synergien, Stringenz und Effizienz oder auch die jeweiligen Gewinnbedingungen beachtet werden. Die Strategie und auch deren schnelle Adaption im Vergleich zu möglichen gegnerischen Decks ist grundlegend.

Gleichzeitig braucht es auch Kombinatorik, also das spielerische Handwerkszeug, welches sich durch klugen Einsatz der eigenen Erfahrung und Kenntnisse über Karten, Decks und ihre Zusammenhänge im direkten Spiel äußert: Bestimmte Karten in Kombination erhöhen beispielsweise die Schlagkraft gegenüber bestimmten Gegnerkarten, eröffnen damit aber auch Schwächen. Die Chance auf ein gutes Spiel und den Sieg lässt sich durch diese beiden Aspekte natürlich erhöhen – und dennoch: Ohne Glück kommt man auch bei Magic nicht aus. Dies wird beispielsweise beim Kartenziehen oder bei der Deckgestaltung des Gegners besonders deutlich.

Bereits jetzt wird klar: Die kluge Kombination der eigenen Fähigkeiten und vorhandener/eigener sowie neuer/externer Ressourcen entscheidet bei Magic maßgeblich über den Erfolg – wie auch in der Unternehmenskommunikation.

Vom Deckbau zur Kreativkampagne

Ähnlich zum Deckbau bei Magic, erfordert die Unternehmenskommunikation fundierte strategische Vorbereitung, um die Grundlage für nachhaltiges und effektives Vorgehen zu schaffen. Bevor ein Unternehmen intern oder extern kommuniziert, sollten daher notwendige Basisinformationen vorliegen und sinnvoll aufbereitet werden. Das können beispielsweise die Definition grundlegender Informationen wie etwa den Daseinszweck der Unternehmung (Purpose), die Ziele, Vision, Mission, Zielgruppen, Kanäle oder auch Kernbotschaften sein.

Doch eine fundierte Strategie allein reicht auch hier nicht aus – man muss sie auch ausspielen können. Wie bei Magic ist die Kombinatorik, also das Handwerkszeug, auch in der Kommunikation ausschlaggebend und muss stimmen:

In einer Kampagne sollte man natürlich die strategischen Grundlagen berücksichtigen, muss diese aber auch in passende Formate und Maßnahmen überführen, um sie in geeigneten Kanälen wirkungsvoll an die richtigen Zielgruppen auszuspielen. Dafür braucht es Fertigkeiten in Bereichen wie Text oder Design, aber auch die richtige Bedienung relevanter Kanäle sowie Projektmanagement-Skills. Zusätzlich sollte man in bestimmten Situationen fähig sein, mit hoher Geschwindigkeit neue Situationen zu erfassen und angemessen zu reagieren.

Wir sehen: Strategie und Kombinatorik bilden auch in der Unternehmenskommunikation die Grundlage für Erfolg – in diesem Fall, um im Luhmann’schen Sinne „Kommunikation wahrscheinlicher zu machen“.

Doch auch in der Unternehmenskommunikation sollte man nie das Glück (oder Pech) außer Acht lassen: Der Erfolg einer strategisch noch so durchdachten und kreativen Kampagne kann immer durch zufällige Faktoren beeinflusst werden. Ein kleines Beispiel: Eine Roadshow im B2C-Bereich ist geplant und Covid-19 macht einen Strich durch die Rechnung.

Verortet man entlang der Ausführung die Unternehmenskommunikation in unserem Schaubild der Spieleklassifizierung wird deutlich: Die erfolgsentscheidenden Parameter der Unternehmenskommunikation stimmen mit den für Magic erforderlichen Fähigkeiten weitgehend überein.

SCHAUBILD 2: MTG + Kommunikation
SCHAUBILD 2: MTG und Unternehmenskommunikation verortet

Magic und Kommunikation – Ein „Perfect Match“ auf den zweiten Blick

Auch wenn ich es vor fast zwei Jahrzehnten nicht gedacht hätte: Magic zählt nach mehreren Pausen noch immer zu meinen Hobbys. Dabei bin ich mittlerweile nicht nur deutlich besser geworden, sondern verstehe es auch immer besser, die Lerneffekte in andere Bereiche meines Lebens zu übertragen. Und was ich noch weniger gedacht hätte: Tatsächlich ist es nicht ganz abwegig, dass die nötigen Fähigkeiten für Magic sogar etwas mit meiner Berufswahl zu tun haben. Denn wie dieser doch „leicht“ nerdige Exkurs zeigt:

Auch wenn manches Hobby und der Beruf auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben, können sie auf den zweiten Blick doch tatsächlich sehr ähnlich sein und sich gegenseitig positiv beeinflussen.

Für mich ist klar – sowohl in Magic als auch in der Kommunikation: Strategie und Handwerk sind essentiell für den Erfolg und machen Freude. Das Glück oder die Unwahrscheinlichkeit machen es zusätzlich interessant. Und am Ende haben sie noch etwas Wichtiges gemein: Sie machen beide Spaß!

Ein Nerd-P.S. zu Formaten und Decks von mir:

Analog spiele ich vor allem Commander/EDH und Limited-Formate. Aktuell sind meine meistgespielten EDH-Decks 5C/Sliver-Tribal (The First Sliver) und 5C/Goodstuff (Kenrith, the Returned King). Digital ist es eine bunte Mischung aus Limited-Formaten, Historic und Brawl. 

Last but not least:

Ein großes Dankeschön an Magicshibby, der mich durch eines seiner Videos auf die Idee für diesen Beitrag brachte (das allerdings nicht mehr gelistet ist und deswegen nicht direkt verlinkt werden kann)!

Datum: 14.10.2021
Autor: Felix Sievers, Mitgründer und Geschäftsführer von FUTUR III
Arbeit trifft Hobby: Was Unternehmenskommunikation mit „Magic: The Gathering“ zu tun hat